Das Besondere an unseren Jumelagestreffen ist, dass man nicht nur einen der üblichen Besuche bei Freunden macht, sondern dass man während dieser Besuchstage in der Familie aufgenommen wird.
Dieses Jahr hatte Britt uns, Anatoli, Anna, Maria und mich, eingeladen, von Montag 18. Juni - Samstag 23. Juni ihre Heimat Süd-Schweden kennenzulernen und um ein wenig am schwedischen Leben teilzuhaben.
Für Britt und mich ist es einfach nach Schweden zu kommen. Man setzt sich ins Auto, fährt bis Travemünde oder Rostock, nimmt die Fähre über die Ostsee, ist in 6 Stunden in Trelleborg, Schweden, und fährt 30 Minuten bis nach Svarte, einem kleinen Vorort der Hafenstadt Ystad (ohne t) am südlichsten Punkt Schwedens.
Obwohl es für Anatoli und seine Familie komplizierter war, anzureisen, wollte man gerne das „zu Hause“ von Britt kennen lernen: Mit dem Auto von St. Petersburg nach Helsinki in Finnland. Dort am Flughafen Helsinki-Vantaa das Auto parken und den Flieger nach Kopenhagen-Kastrup, Dänemark, nehmen. Von dort haben wir sie abgeholt, sind mit dem Zug über die Öresundbrücke, die seit Juli 2000 Dänemark und Schweden verbindet, in Richtung Ystad gefahren und in Svarte ausgestiegen. Nach einem Fußweg von 10 Minuten wurden wir in Britts Domiziel herzlich von Familienangehörigen begrüßt.
Noch am selben Nachmittag (Montag) starteten wir unser Besuchsprogramm mit einem Spaziergang an den Strand von Svarte. Unsere kleine Meerjungfrau hatten wir auch dabei. Wenn sie lange genug in Richtung Osten blickt, erreicht ihr Blick den Golf von St. Petersburg.
Am Dienstag begann unsere Ystad-Tour. Ystad ist eine Hafenstadt mit ca. 19.000 Einwohnern und Fährverbindungen nach Bornholm, Polen und Deutschland. Durch die Altstadt mit ihren kleinen historischen Fischerhäusern gelangten wir zur Sankta Maria Kyrkan, entstanden im 13. Jh. Im Innern der prächtigen protestantischen Gewölbe war neben vielen Skulpturen eine Christusfigur mit echtem Haupthaar zu sehen. Eine besondere Tradition wird jede Nacht seit dem 17 Jh. gepflegt. Ein Turmbläser verkündet, dass alles in der Stadt ruhig ist und sich auch keine bösen Feinde nähern.
Es folgte ein Gang durch den liebevoll gepflegten Kloster-, Gemüse-, Kräuter- und Blumengarten. Und zum Schluss schauten wir im Tierpark vorbei. Es werden über 250 Tiere (60 Arten) gehalten; einige konnten wir sogar streicheln.
Übrigens: Krimifreunde kennen Ystad. Dort jagt Henning Mankells Kommissar Wallander die Mörder. Die Bücher wurden hier verfilmt und im Fernsehen in viele Länder ausgestrahlt.Den Abend verbrachten wir bei einem typischen schwedischen Fischessen in der Familie.
Thomas, der Neffe Britts, wollte uns unbedingt mit einer Spezialität bekannt machen, nämlich „Surströmming“, einem in einer Dose gegorenen Hering mit einem sehr gewöhnungsbedürftigen Geruch; aber er schmeckt absolut köstlich mit einem Skåne-Aquavit. Prost! Skål !
Am Mittwoch begann unsere Städtetour: Malmö ist die drittgrößte Stadt Schwedens mit ca. 300.000 Einwohner. Die Öresundbrücke im Juli 2000 eröffnet, verbindet Malmö in Schweden mit Kopenhagen in Dänemark. Malmö war die Hafenstadt der dänischen Könige und damals florierte noch die Heringsfischerei. Erwähnenswert ist die Malmöhus Festung, das älteste noch erhaltene Renaissanceschloss in Skandinavien.
Das moderne Wahrzeichen der Stadt ist der Turning Torso ( in deutsch: drehender Rumpf). Das moderne höchste Hochhaus Skandinaviens ist mit 54 Etagen 190 Meter hoch. Laut des spanischen Architekten Santiago Calatrava stellt es einen „verdrehten“ menschlichen Körper dar.
Die Universitätsstadt Lund ist die älteste Stadt Schwedens, gegründet vom Wikingerkönig Sven Gabelbart 990 nach Chr. Schon 1066 wurde die Stadt Bischofssitz und der Dom 1145 fertig gestellt. Eine Besonderheit ist die Astronomische Uhr. Sie wurde im 14.Jh. installiert und zeigt die Mondphasen am Himmel, die Zeit der Sonnenzeiger und die Tierkreiszeichen.
Am Donnerstag ging es nach Dänemark.
Am nördlichen Ende des Öresunds auf der Insel Seeland vor Helsingör errichteten die dänischen Könige die Festung Schloss Kronborg, um von den Schiffen, die den Öresund durchqueren wollten, Zollgebühren zu erheben. Das Schloss wurde bekannt als „Hamlet Schloss“, da William Shakespeare die Handlung seines Schauspiels „Hamlet“ hier angesiedelt hat.
Ein Besuch in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen erfolgte am Nachmittag.
Kopenhagen mit 610.000 Einwohnern ist die Residenz der dänischen Königin Margarethe und außerdem Sitz der Regierung und des Parlaments. Unser Weg führte uns vom neuen Hafen Nyhavn durch die Prachtstraße „Ströget“, vorbei an prächtigen historischen Bauten, erlesenen Geschäften und Restaurants in Richtung Tivoli, dem weltbekannten Vergnügungs- und Freizeitpark. Der Park wurde 1843 eröffnet und ist der älteste Vergnügungspark weltweit mit vielen Attraktionen wie Achterbahn, Karussells, Kabaretts, Pantomimentheater und viele Restaurants. Ein großer Spaß ist der Umzug aller Schausteller in ihren Kostümen zur Begrüßung der Besucher.
Vorgesehen hatten wir eine Schiffstour durch Hafen und Kanäle. Sie fiel aus wegen schlechten Wetters und so konnten wir nur von der kleinen Meerjungfrau berichten, der Titelfigur des Märchens vom dänischen Dichter Hans Christian Anderson. Am späten Abend brachte uns der Zug wieder über die Öresundbrücke zurück nach Schweden.
Der Freitag stand im Zeichen des Midsommarfestes
Das Fest findet statt am ersten Samstag nach dem 21. Juni. Mittsommer ist nach Weihnachten der zweite gesetzliche Feiertag. In jeder schwedischen Gemeinde wird auf einem freien Platz ein mit Birkenlaub und wilden Blumen geschmückter Baumstamm aufgestellt. Man hat sich festlich gekleidet und tanzt ausgelassen zur Musik und mit Gesang um ihn herum. Zu essen gibt es junge Kartoffeln, Hering mit Sauerrahm, Schnittlauch und Knäckebrot und Käse. Während des Essens wird jedes geleerte Glas Aquavit mit speziellen Trinkliedern „geehrt“. Man sagt, in der Nacht wird es dann magisch
denn Elfen tanzen über die Wiesen. Unverheiratete Mädchen pflücken in der Nacht sieben Sorten wilder Blumen von sieben verschiedenen Wiesen und legen sie unter das Kopfkissen. Dann wird ihnen im Traum der Mann erscheinen, den sie einmal heiraten (hoffentlich?).
Um diese Zeit ist es in Schweden so hell, dass man bis um Mittelnacht Zeitung lesen kann. Haben wir aber nicht gemacht, sondern wir haben in gemütlicher Runde den letzten Abend ausklingen lassen. Erinnerungen wurden ausgetauscht. An gemeinsame Aktivitäten der Jumeleure von Darmstadt und St. Petersburg gedacht. Und man hat versucht zu überlegen, was die Zukunft wohl bringen könnte. Über ein Ziel der nächsten Begegnung wurden Überlegungen ausgetauscht, aber noch nichts Konkretes festgelegt.
Am Samstag hieß es Abschiednehmen. Die Rückreise unserer Freunde sollte wieder beschwerlich sein. Wir brachten sie mit dem Zug wieder über die Öresundbrücke nach Dänemark zum Kopenhagener Flughafen Kastrup.
Von dort flogen sie nach Helsinki, übernachteten dort und fuhren dann mit ihrem dort geparkten Auto nach St. Petersburg. Im Laufe des nächsten Tages erhielten wir die Nachricht ihrer glücklichen Heimkehr.
Britt Haller, Rolf Wojewodka