Geschichtliches:
Der Jakobsweg ist ein Wegesystem, dass sich wie ein Netz seit dem 11.Jh. über ganz Europa über die Pyrenäen hinweg bis nach Nordspanien ausgebreitet hat und findet in Santiago de Compostela am Grab des Apostels Jakobus sein Ende.
Viele tausend Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Motivation sind seit damals und bis heute den Jakobsweg gegangen.
Er hat durch die Pilgerströme dazu beigetragen die Kulturen zu beeinflussen, ist somit ein Teil gemeinsamer Geschichte und steht für die Gestaltung und Identität Europas. Der Europarat erklärt 1993 die Strecke durch Nordspanien, genannt „Camino Francés“, zur Ersten Europäischen Kulturroute.
Erste Kontakte:
Anlässlich eines multinationalen Treffen im Herbst 2017 ( Bericht in der Info Nr.: 8o) mit Jumeleuren aus Frankreich, Irland, Polen und Deutschland in Südfrankreich an der Atlantikküste in Hendaye führte uns ein gemeinsamer Ausflug in das französische „Hinterland“.
Im Städtchen St. Jean Pied de Port, dass wir schon mehrmals besucht hatten, sahen wir wieder viele Wanderer, die eigentlich Pilger aus Frankreich, Spanien, Deutschland und aus anderen Ländern waren und die sich auf den teilweise beschwerlichen Jakobsweg nach Santiago de Compostela machten. Als Erkennungszeichen der Pilgerzugehörigkeit trug jeder eine Muschel, die Jakobsmuschel. Könnten wir das wohl auch schaffen?
Unser Jakobsweg:
Im Mai diesen Jahres bot sich Britt und mir die Gelegenheit an einer geführten Pilgerreise teilzunehmen. Mit dem Flieger ging es nach Bilbao in Nordspanien, dann wurde in Teilabschnitten gepilgert bzw. mit Bus weitergefahren.
Die Reise führte uns durch die nordspanische Hochebene, vorbei an Kirchen, Klöstern, Burgen, Städten und Dörfern. Es ist eine hügelige Landschaft, und obwohl der Bus uns die schwierigsten Passagen abnahm, wurden wir doch konditionsmäßig heraus gefordert.
Wir besuchten die Hauptstädte: 1 Bilbao – 2 Pamplona – 3 Burgos und León – 4 Ponferrada und Santiago de Compostela – 5 Oviedo – 6 Santander in den
Regionen: 1 País Vasco, 2 Navarra, 3 Castilla y León, 4 Galicia, 5 Asturias und 6 Cantabria.
Wir wanderten durch die engen Gassen der kleinen Ortschaften, bewunderten die Häusern mit ihren schmiedeeisernen verzierten Balkonen und wir erfreuten uns an dem liebevoll ausgestalteten Inneren ihrer Dorfkirchen
In den Hauptstädten waren die prunkvollen Fassaden der Kathedralen nicht zu übersehen. Sie boten Gelegenheit sich im kühlen Inneren auszuruhen und seinen persönlichen Gedanken über Gott und die Welt nach zu gehen.
Übernachtet wurde in ausgesuchten Hotels, die gutes Essen mit Spezialitäten (Tapas, kleine Appetithapchen) aus der Region bereit hielten und einen erholsamen Schlaf ermöglichten.
Unser Reiseleiter, ein Deutscher, der schon lange in San Sebastian lebt und ausgezeichneter Kenner der spanischen Geschichte und Kultur ist, konnte uns viel interessantes Zeigen und Erklären. Wir kamen durch Pamplona. Die Stadt ist berühmt berüchtigt durch die alljährlich stattfindenden lebensgefährlichen Stierläufe durch die von Zuschauern gesäumten Straßen der Altstadt.Hin und wieder wird einer aufgespießt von den in Panik geratenen Tieren.Das ist eben Tradition, sagt man.
An anderer Stelle erwartet uns erfreulicheres.
Aus einem Brunnen an der Klostermauer floss tatsächlich roter Wein.Jeder konnte einen kräftigen Schluck nehmen.
Am vierten Tag erreichten wir den letzten Hügel 20 km vor unserm Zielort. Es war ein erhabenes Gefühl von oben über Felder in der Ferne die Türme der Kathedrale von Santiago de Compostela zu sehen.
Zwei in Bronze gegossene Pilger drücken in ihren Gesichtern und in ihrer Haltung die Freude aus bald am Grab des heiligen Jakobus zu stehen.
Waren auf den Wanderetappen nur wenige Pilger mit uns den gleichen Weg gegangen, so erlebten wir jetzt einen gewaltigen Pilgerstrom, der unaufhörlich dem Pilgerbüro anstrebte, um dort die begehrten Pilgerurkunde, die „Compostela“, zu bekommen.
Diese wird nur demjenigen ausgestellt, der die letzten 100 km zu Fuß oder die letzten 200 km mit dem Fahrrad oder auf dem Esel zurückgelegt hat, wobei die Streckenabschnitte in einem Pilgerpass abgestempelt worden waren.
Santiago de Compostela ist eine interessante lebhafte Stadt mit einem Stadtkern an dem sich seit früher nicht geändert zu haben scheint. Die engen Straßen, eher Gassen, sind mit ihren imposanten Häusern erhalten geblieben und führen alle in Richtung Kathedrale. Sie bietet einen überwältigenden Anblick mit ihren die Fassade und Erkern verzierenden Skulpturen, die großartigen farbigen Fenstern und die geschwungenen Treppen zu den Eingangsportalen. Alles übertroffen hat uns der Anblick des Inneren der Kirche.
Vergoldete Säulen und Statuen mit Heiligen, mit Bildern vom Leben und Sterben Jesus und seinen Jüngern. Im Hintergrund des imposanten Altars thront die goldene Figur des Heiligen Apostels Jakobus. Durch einen kleinen schmalen Gang zu ihm hinauf haben die Gläubigen die Möglichkeit seine Schultern zu umfassen. In einem anderen Gang unterhalb des Altares befinden sich in einer Nische seine Reliquien.
Nicht fehlen darf für alle Pilger und auch für uns die Teilnahme an der Zeremonie des Gottesdienstes. Nach feierlichen Handlungen, Gesang und Predigt kam es zu dem von Allen erwarteten Höhepunkt.
Der riesige in der Mitte des Kirchenschiffes hängende Weihrauchkessel (Botafumeiro) wurde befeuert und dann langsam zum Pendeln gebracht.
Dazu zogen 8 Mönche rythmisch an einem von der Decke hängenden Seil, sodass der Kessel immer weiter in die Höhe flog, der Weihrauch sich durch den Luftzug mehr und mehr entzündete und dabei einen besonderen Rauch entwickelte. Nach einigen Schwüngen wurde der Kessel angehalten und die Gemeinde nach einem Abendmal mit einem Segensspruch verabschiedet. Wir verweilten noch ein wenig um dann zurück zum Hotel zu gehen.
Die letzte Stadt unserer Reise, von der es wieder zurück nach Hause ging, war Bilbao. In Comillas besuchten wir das mit Sonnenblumen verzierte Schlösschen von Gaudi und in Bilbao das hyper moderne Guggenheim Museum.
Es war eine anstrengende aber schöne Pilgerreise und eine Jumelages besonderer Art. So wie wir sind sich Menschen anderer Nationen und Länder im Gefühl der Jumelages begegnet, um miteinander ein gemeinsames Ziel anzustreben.
Zu Hause angekommen haben wir überlegt was diese Pilgerreise uns gebracht hat. Außer konditionellen und körperlichen Prüfungen konnte man sich in der Einsamkeit der Pilgerwege, beim Anblick der Wiesen mit Blumen, der wogenden Getreidefelder oder an Rande der Eukalyptuswälder, abgeschirmt von allem Trubel, mit sich selbst und seinen Gedanken beschäftigen. Begegnet man sich, so wünscht man einander „ buen Camino“.
Natürlich kann man das woanders auch, aber hier trifft man auf Menschen aus aller Welt, die auf dem „Camino“ im vertraulichem Gespräch von ihren Sorgen, Leiden und aber auch Freuden erzählen.
Besonders in Erinnerung bleibt uns als wir am Ende der Messe in der Kathedrale Santiago de Compostela einander die Hände reichten. Es war ein besonderes Gefühl der Jumelages.
Traut Euch auch, wenn nicht ganz, so doch einen Teil des Jakobweges zu gehen.
Wir wünschen „buen Camino“
Britt Haller und Rolf Wojewodka
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