Sankt Petersburg, Weliki Nowgorod, Valdai, Staraja Russa
Freitagabend: Ankunft in St. Petersburg. Unser Partner, Anatoly und Tochter Maria holten uns vom internationalen Flughafen Pulkowo ab. Anna wäre auch gerne mitgekommen, aber sie musste noch arbeiten. Beim Empfang zu Hause wurden wir wieder herzlich begrüßt und bei dem anschließenden Abendessen reichlich mit russischen Köstlichkeiten bewirtet. Der Begrüßungs-Wodka fehlte selbstverständlich auch nicht.
Samstag: Abfahrt ins „Alte Russland“ zum 150 km südlich von St. Petersburg gelegene Weliki Nowgorod. Das morgens fertig zubereitete Picknickpaket wurde an einer Raststätte auf der Hälfte des Weges ausgepackt und auf der Motorhaube mit Besteck und Teller serviert. An frischer Luft genossen wir die lecker zubereiteten Sachen. Auch an den Abschluss-Tee war gedacht worden.
Die mittelalterliche Handelsmetropole Nowgorod ist die Wiege Russlands. An der wichtigen Handelsroute zwischen Ostsee und Mittelmeer entwickelten sich Wohlstand und Bildung, bürgerliche Freiheit und Kunst in einem deutlich höheren Maße als in anderen Regionen Russlands. Nicht nur Angehörige des Adels und des Klerus, sondern auch das einfache Volk konnte lesen und schreiben. In dieser blühenden Stadt unterhielt auch die deutsche Hanse mehrere Kontore.
In Nowgorod hatten unsere Freunde eine möblierte 3-Zimmer Wohnung mit Küche und Bad gebucht. Zwar im hinteren Gebäude einer Wohnanlage gelegen; aber sehr schön.
Abends machten wir einen Spaziergang zum Kreml und bestiegen dort den Glockenturm. Wir hatten einen wunderbaren Blick bei untergehender Sonne über die Flussebene des Wolchow. Schließlich hatten wir Hunger und in einem aparten Restaurant bekamen wir leckeres Essen. Zum Schluss gab es eine besondere Spezialität: Das Wodkakarussell. Es war bestückt mit fünf verschiedenen Wodkasorten, Meerrettich, dunklem Brot, getrockneten Pfirsichen, Preiselbeeren und Kirschen, die sich vor uns wie auf einem Karussell auf einem Tablett drehten. За здоро́вье! Spät abends kamen wir zurück und schliefen dann zufrieden ein.
Der Sonntag begann mit einem leckeren Frühstück, das Anna und Maria als Stärkung für den Tag zubereitet hatten. Wir sind nach Staraja Russa gefahren, einem alten russischen Städtchen, 100 Kilometer südlich von Nowgorod am Südrand des Ilmensees. Hier verbrachte ab 1872 Fjodor Dostojewski, der bekannte russische Schriftsteller, die Sommermonate mit seiner Familie.
In seinem heute als Museum hergerichteten Häuschen am malerischen Ufer der Porusja verfasste Dostojewski seine Romane „Die Dämonen", „Der Jüngling“ und „Die Brüder Karamasow".
Nach dem Roman „Die Brüder Karamasow“ und den darin beschriebenen Handlungen hatte man ein Erinnerungshaus gestaltet. Hier konnte man sich informieren über die damalige politische Situation und die Hintergründe der Entstehung dieser Werke.
Danach brauchten wir eine kleine Pause und fuhren zu der Kirche St. Georg. Ein Ausruhen war aber nicht möglich, denn in einer russischen Kirche gibt es keine Stühle und Bänke. Dort haben wir eine der ältesten Ikonen Russlands sehen können.
Der nächste Aufenthalt führte uns zu der Rekonstruktion einer mittelalterlichen Haussiedlung. Am Eingang eines restaurierten Herrenhauses begrüßte man uns auf traditionelle landestypische Weise mit selbst gebackenem Brot und Salz. Bei der Besichtigung der Häuser und Werkstätten informierten wir uns über die Wohngelegenheiten und Lebensweisen der Bewohner vor fast tausend Jahren.
Die Fahrt ging dann zurück nach Nowgorod. Dort strebten wir das Restaurant vom Vorabend an. Natürlich drehte sich wieder nach dem leckeren Essen das Wodkakarussell.
Montag: Nach einem ausgiebigen Frühstück mit serbischen Brot brachen wir mit nur kleinem Gepäck auf nach Valdai. Wir hatten eine Fahrt von 140 km vor uns. Die Pause dorthin machten wir auf einen Rastplatz an der Autobahn.
Man hatte sich auf Pausengäste eingerichtet. Nebeneinander standen kleine Hüttchen, vor denen es dampfte und brodelte. Es wurden verschiedene Piroggen der Nationalspeise und Tee aus dem Samowar angeboten. Alles sehr schmackhaft.
In Valdai angekommen, besuchten wir zwei verschiedene Glockenmuseen. Im ersten durften wir an langen Bändern ziehend die Glocken tönen lassen. Das zweite Museum zeigte eine Sammlung von Glocken aus vielen Erdteilen. Britt freute sich, eine Glocke aus Schweden zu sehen, vom damaligen König Karl XI.
Weiter ging es zu Hotel direkt am Valdaisee gelegen. Da es zu früh zum Abendessen war, nahmen wir die Möglichkeit wahr, eine Bootstour zu unternehmen. Maria, Britt und Rolf ruderten in einem Boot und Anna und Anatoli im zweiten auf den See hinaus. Um wieder ans Ufer zurückzukommen mussten wir gegen plötzlich aufbrausenden Wind und starke Strömung ankämpfen. Das Abendessen beim Sonnenuntergang auf der Seeterrasse des Hotels entschädigte uns dann für die Ruder-„Strapazen“.
Der Dienstag begann mit einem Besuch der Datscha von Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili, genannt Stalin. Das ganze Anwesen liegt in einem riesigen Park mit vielen Spazierwegen. In dem Museum waren Erinnerungsstücke an Stalin ausgestellt; sein Büro mit Schreibtisch, Stühle, Schränke, Telefon, Landkarten und Bilder an den Wänden, Dokumente in Vitrinen usw. Die Datscha gleicht einem kleinen Palast. Die Originalzimmer sind in Appartements umgebaut. Jedermann kann sich einquartieren ebenso wie in das daneben stehende Hotel.
Nachmittags machten wir noch einen Abstecher, um das russisch-orthodoxe Iwerski-Kloster zu besichtigen. Es liegt auf einer schmalen Landzunge im Valdaisee. 1653 vom Patriarchen Nikon gegründet, war es eines der einflussreichsten Klöster in Russland und ein bedeutendes kulturelles Zentrum.
Nach einem kulinarischen Zwischenstopp in einem Fischrestaurant, wo man sich seinen noch lebenden Fisch zum Essen aussuchen konnte, ging es zurück nach Nowgorod. Zum Tagesabschluss wurden wir noch mit Lachshäppchen und Wodka verwöhnt.
Mittwoch: Bevor wir die Rückfahrt nach St. Petersburg antraten, machten wir noch einen Abschiedsspaziergang durch den Burgpark Nowgorods. Hier hatten wir die Gelegenheit die Falknerei in dem liebevoll gepflegten Kleintierzoo zu besuchen. Die Greifvögel boten einen majestätischen Anblick; aber der Blick der Eulen mit ihren runden dunklen Augen hat uns alle „verzaubert“.
Der Weg zurück führte uns über die Autobahn. Wir staunten nicht schlecht als uns plötzlich westliche Oldtimer überholten. Es waren Rallye-Fahrzeuge auf dem Weg von Peking nach Paris, eine 16 000 km lange Distanz.
Den Abend dieser anstrengenden Tagesreise verbrachten wir in der Familie und besprachen den Stadtausflug am nächsten Tag.
Donnerstag: Auf das Auto verzichteten wir heute und fuhren mit dem Trolleybus und der Straßenbahn ins Zentrum von St. Petersburg. Auf der Prachtstraße, dem Newski-Prospekt, schlenderten wir in Richtung Newa, bei der Eremitage über den Palastplatz mit der Alexandersäule zum Generalstabsgebäude. Hierher sind jetzt wesentliche Teile der Eremitage-Exponate gebracht worden, die wir mit großen Interesse ansehen konnten.
Nach der Tour durch die Stadt besuchten wir am Nachmittag das „Dolphinarium“. Seelöwen, Delphine, Robben und menschliche Akrobaten zeigten ihr Können.
Den Abend verbrachten wir in der Familie. Bei Speis und Trank ließen wir die Erlebnisse der vergangenen Tage Revue passieren. Erinnerungen an frühere Besuche wurden ausgetauscht und Pläne für die Zukunft gemacht. Für 2020 haben wir unsere Freunde dazu eingeladen, einen Teil Norddeutschlands kennenzulernen.
Freitag: Heute ist Abreisetag. Mit den herzlichsten Wünschen für unser gegenseitiges Wohlergehen nahmen wir am Flughafen Pulkowo Abschied von einander.
до свида́ния! und auf Wiedersehen
Britt Haller / Rolf Wojewodka